Blaulicht 161 - Lohde,
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Blaulicht
161
Horst Lohde
Flucht in die Angst
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1975
Lizenz-Nr.: 409-160/72/75 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Eckard Leege
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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An einem warmen Samstagabend im August betritt ein Gast die
Konsumgaststätte »Zum Roten Hirsch«. Kneipendunst und
vielstimmiger Lärm wehen ihm entgegen. Er wirft einen flüchti-
gen Blick auf die dichtbesetzten Tischreihen und steuert gerade-
wegs auf die Theke zu. Noch im Gehen entledigt er sich der
Motorradbrille und des Sturzhelmes und streicht sich die langen
rotbraunen Haarsträhnen aus der Stirn. Die Farbe seiner Haare
trug ihm während seiner Schulzeit den Spitznamen »Füchschen«
ein. Inzwischen ist aus dem schmächtigen Jungen von damals ein
stattlicher junger Mann geworden, hochgewachsen und breit in
den Schultern. Und nur selten nennen boshafte Zungen ihn
»Rotfuchs«.
»Hallo, Ede! Daß du dich wieder einmal sehen läßt!«
Erwartungsvoll sieht ihm Kurt Schaarschmidt, der Leiter der
Gaststätte, entgegen. Er steht hinter dem Schanktisch, die Ärmel
des weißen Kittels hochgekrempelt. Lässig stützt sich Haberland
auf den Schanktisch. Sein breites Gesicht mit der ein wenig zu
kurz geratenen Nase ist verschwitzt.
»Eine Affenhitze heute. Gib mir eine Brause, aber ’ne kalte!«
»Willst du dich nicht setzen?« fragt ihn Schaarschmidt, wäh-
rend er ein Glas füllt.
Der junge Mann schüttelt verneinend der Kopf. Der »Rote
Hirsch« war lange sein Stammlokal gewesen, aber seit einiger
Zeit kehrt er nur noch gelegentlich hier ein.
»Warst lange nicht hier. Habe gehört, daß du heiraten willst«,
erkundigt sich Schaarschmidt, erhält aber keine Antwort. Mit
gierigen Zügen leert Haberland das Glas, verlangt nach einem
zweiten. Danach legt er ein Geldstück auf den Teller.
»Nanu, willst wirklich schon gehen?«
»Ich muß, bin eingeladen«, erwidert Haberland kurz, so, als
wenn ihm die Fragen auf die Nerven gehen.
»Was stehst du hier herum? Such dir einen Platz!« ertönt eine
weibliche Stimme.
Er wendet sich um und blickt in das erhitzte und mürrische
Gesicht von Karin Geßner. Die schwarzhaarige, stämmige Ser-
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viererin drängt ihn energisch zur Seite. Die leeren Biergläser auf
ihrem Tablett klirren gegeneinander.
»Du könntest ruhig etwas netter zu mir sein«, sagt er zu ihr.
»Ich kann es nicht vertragen, wenn mir die Leute im Wege he-
rumstehen«, faucht sie, und ihre dunklen Augen funkeln gereizt.
»Er hat es eilig«, versucht Schaarschmidt zu vermitteln. Aber
sie verzieht verächtlich die Mundwinkel. Ohne Haberland noch
eines Blickes zu würdigen, geht sie mit frisch gefüllten Gläsern
davon.
»Was hat sie denn, warum ist sie so unfreundlich?« wundert
sich Edgar.
»Das müßtest du am besten wissen«, sagt Schaarschmidt mit
einem Anflug von Spott, »warst doch lange genug mit ihr zu-
sammen.« Er glaubt den Grund für Karins schroffes Verhalten
genau zu kennen: Vor einem halben Jahr hatte Haberland die
Verlobung mit der Serviererin gelöst und sich seiner jetzigen
Braut Claudia zugewandt. Welches Mädchen konnte das schon
leicht überwinden?
»Wir sind im guten auseinandergegangen.« Haberland recht-
fertigt sich mit diesen Worten und wendet sich zum Gehen. Er
reicht Schaarschmidt die Hand und strebt dem Ausgang zu. Aus
dem Hintergrund des Gastraumes dringt noch die schrille, ze-
ternde Stimme Karins. Dann wirft er hinter sich endlich die Tür
zu und atmet auf. Hier bin ich heute zum letzten Mal gewesen,
nimmt er sich vor und geht mit schnellen Schritten zu seinem
Motorrad.
Die brütende Schwüle des Augusttages ist bis zu den späten
Abendstunden noch nicht völlig abgeklungen. Haberland
schwingt sich auf die Jawa. In zehn Minuten wird die Maschine
die zwölf Kilometer bis Bullhagen, seinem Wohnort, geschafft
haben.
Hinter ihm versinkt damit alles ins Bedeutungslose: Karin, das
streitsüchtige Frauenzimmer; Schaarschmidt, der neugierige
Schwätzer, und die langweiligen Fatzken aus der LPG, die ihre
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