Blaulicht 162 - Wittgen,
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Blaulicht
162
Tom Wittgen
Schatten in Grün
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1975
Lizenz-Nr.: 409-160/73/75 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Eckard Leege
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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Als ich den beiden im Treppenhaus begegnete, dachte ich, man
brächte sie zum Ausnüchtern her, doch der Wachtmeister sagte:
»Sie wollen mit jemandem von der MUK sprechen.« – Da nahm
ich sie mit in mein Zimmer. Ein ungleiches Paar: klein, mit
zerfurchtem Gesicht und schütterem Haar der eine, sein Kum-
pan zwei Köpfe größer, einen Bauch, der über den Gürtel
schwappte, und große, dumme Augen. Sie dunsteten um die
Wette Alkohol aus.
Ich bot ihnen Platz an und schaute mir ihre Passierscheine an.
Der Große hieß Stern, der Kleine Rufert, und sie stammten
beide aus Korbeth, einem Dorf, zehn Kilometer westlich der
Kreisstadt. »Was führt Sie hierher?«
Sie redeten gleichzeitig, und ich verstand kein Wort. Doch an
dem Grad ihrer Erregung konnte ich ermessen, daß ihnen etwas
Beeindruckendes, wenn nicht gar Furchtbares zugestoßen war.
»Herr Rufert«, sagte ich, »fangen Sie an.«
Er sprach stockend. Der Alkohol schien in seinem Hirn mehr
Platz zu beanspruchen als die Gedanken, die er in Worte zu
fassen suchte. Doch nach und nach erfuhr ich, daß sie täglich
durch das Korbether Wäldchen und dann die Landstraße entlang
bis zur Stahlgießerei radelten. An jenem Morgen waren sie nach
einer durchzechten Nacht spät aufgebrochen, und als Herr Stern
im Korbether Wäldchen eine Panne hatte, versteckten sie das
defekte Rad und hofften, es zusammen auf dem anderen bis zur
Landstraße zu schaffen. Wenn sie Glück hatten, nahm sie dort
ein Laster zur Stadt mit.
Stern schob sein Fahrrad ins Gebüsch und rief verwundert:
»Hier liegt ’n Schuh!«
»Laß ihn liegen und klotz ’ran!« mahnte Rufert.
»Der is aber noch fein. Und außerdem von ’ner Dame. Da is
ja auch der andere…« Dann schrie er auf. Es war ein gequälter
Ton, der Rufert erschauern ließ.
»Was hast du denn?«
»Der Schuh! Da is’n Fuß dran! Da ham se jemanden einge-
buddelt!«
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Ein Würgen – dann stürzte Stern aus dem Dickicht, nahm Ru-
ferts Rad, sagte, er solle es auf dem Gepäckträger versuchen, und
sie quälten sich bis zur Landstraße. Dort hielten sie den ersten
besten Wagen an. So kamen sie zu uns ins Volkspolizei-
Kreisamt.
Ich fragte, um wieviel Uhr sie die Tote gefunden hätten.
Diesmal antwortete Herr Stern. »Genau acht«, sagte er. »Als die
Luft aus dem Schlauch zischte, hab’ ich zur Uhr geguckt und
gedacht, schon ’ne Stunde Verspätung bis jetzt, das wird ’n
kurzer Arbeitstag.«
Ich ließ mir die Telefonnummer ihres Abteilungsleiters geben,
um ihm zu sagen, daß ich die beiden noch brauchte. Herr Rufert
warf mir einen Blick zu, den er für treuherzig hielt. »Könnten Sie
nicht erzählen, daß wir so gegen sieben… Gestern war nämlich
Gehaltstag, Sie verstehen…«
»Nein«, sagte ich, »aber das ist unwichtig. Hauptsache, Ihr
Chef versteht das. Und jetzt warten Sie bitte, bis wir losfahren.«
Kaum hatten sie die Tür hinter sich ins Schloß gezogen, riß
ich das Fenster auf und sog gierig die saubere Luft eines milden
Sommermorgens ein. Dann telefonierte ich mit meinem Chef,
meinen Mitarbeitern, der kriminaltechnischen Abteilung und
dem zuständigen Gerichtsmediziner. Schließlich rief ich noch im
Stahlwerk an. Minuten später rasten drei Polizeiwagen mit Blau-
licht zur Stadt hinaus. Ich saß mit dem ungleichen Freundespaar
im ersten. Nach einigen Minuten sagte Stern: »Gestern abend
hab’ ich noch mit ihr getanzt, und vorhin find’ ich sie verbuddelt
im Wäldchen. Das hat mich fertiggemacht.«
Ich fuhr herum. »Was sagen Sie da?«
»Das ist ’n Ding!« rief der Kleine. »Kein Wort hat er gesagt
davon. Wirklich, Herr Hauptmann…«
»Ich sag’ doch, ’s hat mich fertiggemacht«, verteidigte er sich.
»Ich mußt’s erst runterkriegen.«
»Wer ist es?« fragte ich.
»’ne Blonde. Die an ihrem Tisch haben sie Jutta gerufen.«
»Wo waren Sie tanzen?«
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