Blaulicht 167 - Siebe,

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Blaulicht
167
Hans Siebe
Alte Rechnungen
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1979
Lizenz-Nr.: 409-160/106/79 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Brigitte Ullmann
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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Der Mann war wohl fremd in dieser Straße, denn er las suchend
die Hausnummern, blieb endlich stehen und betrat dann zö-
gernd einen dämmerigen Hausflur. Im zweiten Stock drückte er
einen Klingelknopf und lauschte auf das gedämpfte »Ding-
Dong«.
Es näherten sich Schritte, ein Riegel wurde zurückgeschoben,
und die Tür wurde geöffnet. Im Zwielicht stand jemand auf der
Schwelle und musterte den Besucher. »Ja?«
Der Ankömmling räusperte sich. »Bißchen duster auf eurer
Treppe!«
»Entschuldigung…«
»’n Abend, Kerzin!«
Einen Augenblick blieb es still, dann beugte sich Kerzin vor
und frage ungläubig: »Was denn, du?«
»Bist auch ein paar Jahre älter geworden«, sagte der Besucher.
»Wo kommst du denn her?«
»Woher wohl?« antwortete der Mann sarkastisch.
Aus der Wohnung hörte man Kinderstimmen, eine Tür klapp-
te, und Kerzin sagte hastig: »Du kannst nicht ’rein.«
»Wollte ich auch nicht«, brummte der Besucher, »nur Bescheid
sagen. Bin unten.«
Kerzin lauschte in die Wohnung und sagte: »Gleich rechts um
die Ecke ist eine Kneipe.«
»Na gut, aber mach fix!«
Kerzin nickte und schloß die Tür, lauschte auf die sich trep-
pabwärts entfernenden Schritte und ging dann ins Wohnzimmer
zurück.
Ulla hob den Blick von ihrer Näherei, sie setzte einen Flicken
auf Heiners Anorak – wie rasch der Bengel alles kaputt kriegte,
dachte er –, und sie fragte neugierig: »Wer war denn das?«
»Vom Vorstand«, brummte er, »wegen eines Sommerfestes.
Ich soll wieder den Ausschank machen. – Wo ist denn mein
gelber Pulli?«
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»Auf der Leine.« Sie musterte ihn von der Seite. »Willst du
weg?«
»Bloß ’n Sprung.«
Nebenan stritten die Kinder und erinnerten Ulla daran, daß es
Zubettgehzeit war. »Heiner! Moni! Ausziehen, waschen!« rief sie.
Kerzin lief ins Bad, streifte den Pulli über und kam ins Wohn-
zimmer zurück. »Du – Ulla, kannst du mir zehn Mark borgen?«
Sie verzog unwillig das Gesicht. »Wenn
ich
blank bin, muß ich
zu Hause bleiben.«
»Nun mach schon.«
Sie kramte in ihrer Handtasche nach dem Geld, und er sah es
ihr an, wie ungern sie sich von dem Schein trennte. »Ging das
nicht hier zu bereden? Wieder zehn Mark weg!« nörgelte sie.
Kerzin saß am Kneipentisch seinem Besucher gegenüber. Der
drehte sein Glas in den klobigen Händen, nippte ab und an vom
Bier. Kerzin ermunterte ihn: »Nun trink doch.«
Der andere schüttelte bedächtig den Kopf. »Langsam. Die
Form ist ’runter. Und um neun geht mein Zug.«
»Willst du was essen? Die Küche hier ist gut. Jeden Donners-
tag Schlachteplatte, ganz prima.«
»Nee, laß man.«
Kerzins Stimme sollte froh klingen, wirkte aber verkrampft:
»Mensch, Räbig – geschafft!«
»Na ja.«
»Woher hast du eigentlich meine neue Adresse?«
Räbig trank endlich sein Bier aus und wischte mit dem Hand-
rücken über den Mund. »Was ich finden will, das find’ ich schon.
Jetzt isses Viertel. Ich hab’ nämlich Frühschicht.«
»Frühschicht? Wieso? Bist du nicht mehr bei deinem Flei-
scher?«
»Der ist tot. Ich bin jetzt in Hattingen, in der Wurstfabrik.«
»Ach?«
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