Blaulicht 174 - Mittmann,

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Blaulicht
174
Wolfgang Mittmann
Einer ist der Mörder
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1976
Lizenz Nr.: 490 160/98/76 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Olaf Nehmzow
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 276 8
00045
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Der Wochenrapport bei Oberstleutnant Ahrenz, dem Leiter der
Abteilung K in der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei,
gehört zum festgefügten Ritus im Dienstablauf. Jeden Dienstag
versammeln wir uns Schlag zehn Uhr an dem großen
Beratungstisch in seinem Dienstzimmer, um über die wichtigsten
Fälle unserer Abteilung zu sprechen.
Es ist kurz vor Mittag, und noch immer referiert der Leiter der
Branduntersuchungskommission über einen Großbrand auf dem
Hafengelände, dessen Ursache noch ungeklärt ist. Hauptmann
Brettschneider trägt mit monotoner, nahezu einschläfernder
Stimme die wichtigsten Fakten des Tatbestandes vor. Ich habe
meine Pfeife angezündet und blicke verstohlen auf den
Notizblock meines Nebenmannes. Sosehr ich mich auch
bemühe, es gelingt mir einfach nicht, mich auf diese verzwickte
Brandgeschichte zu konzentrieren. Immer wieder geht mein
Blick zum Fenster. In Gedanken bin ich weit draußen vor der
Stadt, wo sich die Sonne mattfarben auf einer bleigrauen, trägen
Wasserfläche spiegelt, wo Spinnengewebe in strähnigen Fäden
von den Zweigen des Sanddorns hängt. Altweibersommer. Noch
schlafen die Herbststürme weit draußen auf dem Meer.
Stühlerücken unterbricht meine Gedanken. Aufatmend
registriere ich, daß die Sitzung beendet ist. Als ich wenig später
in das Dienstzimmer der Morduntersuchungskommission
zurückkehre, dessen Fenster einen weiten Ausblick auf den alten
Stadthafen bieten, hat mein Mitarbeiter Gabriel den
Telefonhörer am Ohr.
»Genosse, machen Sie keine faulen Witze!« knurrt er
aufgebracht in den Hörer. Aber das, was den dunkelblonden
Oberleutnant so aus dem Gleichgewicht bringt, scheint gar kein
fauler Witz zu sein, denn im nächsten Augenblick greift er zu
Block und Kugelschreiber und beginnt emsig zu schreiben.
»Das ist vielleicht ’n Ding!« sagt er schließlich, läßt den Hörer
auf die Gabel fallen und rückt seine randlose Brille zurecht. »In
der Störtebeker-Höhle wurde ein Mann erstochen! Während
einer Führung!«
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»Was für eine Führung?« brumme ich, die Pfeife noch immer
zwischen den Zähnen haltend. »Was für eine Höhle?«
»Die Störtebeker-Höhle ist eine Schau-Höhle in der Nähe von
Gumnitz.«
»Gumnitz – nie gehört! Wo liegt das überhaupt?«
»Auf Rügen, an der Kreideküste«, erläutert Gabriel. Er deutet
auf die Bezirkskarte an der Zimmerwand. »Etwas oberhalb von
Saßnitz!«
Ich trete zur Karte, vergewissere mich.
»Erstochen, sagtest du. Während einer Führung. Hmmm –
das ist wirklich ein Ding! Weiß man, wer der Täter ist? Wurde er
festgenommen?«
»Nein. Aus irgendeinem Grunde mußte während der Führung
das Licht für wenige Minuten abgeschaltet werden. Als die
Beleuchtung wieder brannte, war der Mann tot. Von einem Täter
bisher keine Spur!«
»Fahren wir!« entscheide ich. »Du rufst Doktor Bellmann in
der Gerichtsmedizin an und sagst den Kriminaltechnikern
Bescheid. Ich informiere inzwischen den Oberstleutnant.«
Kühle, modrige Grottenluft weht uns entgegen, als die schwere
Bohlentür zum Eingang der Störtebeker-Höhle geöffnet wird.
Ein feuchter Gang, der tief in den Kalksteinfelsen hineinführt,
tut sich vor uns auf. Der zementierte Boden ist glitschig.
Schimmelpilze wuchern an den Holzstempeln, an denen die
trübe Gangbeleuchtung befestigt ist. Je tiefer es in den Berg
hinabgeht, um so farbenprächtiger und imposanter wird das
Bild, das sich dem Besucher im Lichte verdeckter Scheinwerfer
bietet.
Seit fünfundzwanzig Jahren bin ich Mitarbeiter der Kriminal-
polizei, und seit fast zehn Jahren leite ich die Mordunter-
suchungskommission. Vieles habe ich in diesen Jahren gesehen,
aber so ein Tatort, sechsunddreißig Meter tief unter der Erde,
inmitten bizarrer Felswände und Kalksteingebilde, ist mir noch
nicht unter die Augen gekommen. Schmale, kaum mannshohe
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