Blaulicht 184 - Lohde,
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Blaulicht
184
Horst Lohde
Tatort Waldsee
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1978
Lizenz-Nr.: 409-160/101/78 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Jutta de Maiziére
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 313 8
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»Hilfe!« – »Zu Hilfe!« – - – »Hilfeee!«
Unwillkürlich fuhr Hugo Paterson zusammen. Die gellende
Frauenstimme, vom Tonband wiedergegeben, riß ihn aus seiner
beschaulichen Tätigkeit. Bestürzt starrte er auf das Gerat, beugte
sich tiefer darüber, lauschte atemlos. Außer dem feinen Surren
des Bandes ließ sich nichts hören, bis wieder die vertrauten
Laute der Nachtvögel an das geschulte Ohr des Ornithologen
drangen. Er schaltete das Gerät ab.
Vorbei war es mit der Konzentration und dem Interesse an
den Rufreihen der Waldohreulen. Achtlos schob er
Aufzeichnungen und Tabellen weg.
»Martha!« rief er in den Korridor. Als er nicht sogleich
Antwort erhielt, stürmte er in die Küche. Dort bereitete seine
Schwester das Abendessen.
»Komm doch mal einen Augenblick ’rüber!« forderte er sie
erregt auf. Frau Martha Reitinger war eine stattliche
Mittfünfzigerin. Seit dem Tode ihres Mannes führte sie den
Haushalt des um etliche Jahre älteren, unverheiratet gebliebenen
Bruders.
»Willst du mir das Gezeter deiner Waldkauze vorfuhren?«
erkundigte sie sich mit gutmütigem Spott.
»Unsinn!« entgegnete er gereizt.
»Muß das jetzt sein, hat es nicht Zeit bis nach dem Essen?« Sie
blickte ihm kopfschüttelnd nach, wischte sich die Hände an der
Schürze sauber und folgte ihm. Ihre Neugier hatte gesiegt.
Paterson schaltete das Band ein und drehte auf volle Lautstarke.
Die Hilferufe klangen schrill durch den Raum. Nun, da er auf sie
vorbereitet war, entfiel das Überraschungsmoment.
Er urteilte nüchtern. Die Schreie klangen echt, wie in höchster
Not und Verzweiflung oder gar in Todesangst ausgestoßen.
»War das alles?« fragte indessen Frau Reitinger, nachdem er
das Band abgestellt hatte. Er fand ihre Frage gefühllos.
»Hast du überhaupt zugehört?«
»Ich bin doch nicht taub«, entgegnete sie spitz und schien
tatsächlich von dem Gehörten wenig beeindruckt.
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»Man muß etwas unternehmen. Ich gehe zur Polizei, noch
heute!« sagte er entschlossen.
»Heute ist Sonntag, mein Bester. Laß dich doch nicht
auslachen. Es ist kein Geheimnis, daß du deine Tonbandgeräte
an die Bäume hängst. Also wird jemand versucht haben, dich zu
foppen, und prompt fällst du darauf herein.«
Damit war für sie die Angelegenheit erledigt.
»Das war kein Scherz, nie und nimmer«, murmelte er vor sich
hin.
Montag morgen.
Die Arbeitswoche begann. Herr Paterson hatte sich frühzeitig
auf den Weg zum Volkspolizei-Kreisamt begeben. Dort platzte
er mitten in die allmorgendliche Dienstbesprechung. Er mußte
warten.
Verwundert sah wenig später Oberleutnant Stübing dem
älteren Herrn entgegen, dessen lange, hagere Gestalt geradewegs
auf ihn zusteuerte. Die abgewetzte Lederhose, deren beschnürte
Enden ihm bis an die Knie reichten und von der er sich zur
Sommerszeit niemals trennte, schlotterte widerspenstig um die
dürren Glieder.
»Nanu, Herr Paterson, so früh auf den Beinen? Ich hörte, Sie
wollen zu mir.« Stübing kannte den Leiter des Heimatmuseums
und verdienstvollen Ornithologen.
»Eine tolle Sache«, sprudelte Paterson hervor, »Sie werden
Augen machen!« Temperamentvoll entlud sich die angestaute
Ungeduld. Vielsagend wies er dabei auf das Tonbandgerät, das er
bei sich trug.
Im Dienstzimmer des Oberleutnants saßen sie sich gegenüber.
Auf dem Schreibtisch stand das Gerät. Paterson ließ das Band
laufen. Die buschigen Brauen zusammengezogen, hielt Stübing
den Blick auf das Tonband gerichtet.
Die geheimnisvollen Rufe waren verklungen. Nachdem sie
Stübing ein weiteres Mal angehört hatte, wandte er sich an
Paterson: »Wann und wo wurde das aufgenommen?«
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