Blaulicht 188 - Türke,

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Blaulicht
188
Kurt Türke
Diebestestament
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1978
Lizenz-Nr.: 409-160/105/78 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Theun-Mathias Schmidt
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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Bruno Scheibler trat aus der Scheune, als das Auto anhielt.
Er sah seine Tochter das Tor öffnen und einfahren. Da
wußte er, was die Glocke geschlagen hatte.
Als sie sich in der guten Stube, die es hier noch gab, am
Tisch gegenübersaßen, blickte der Alte lauernd ins
hübsche Gesicht seiner Tochter. Astrid richtete Grüße
von ihrem Mann, dem Schuldirektor, aus, fragte dies und
jenes, erkundigte sich nach der Gesundheit des Vaters, der
jedoch genau wußte, wie wenig sie das interessierte.
Boshaft fragte er, ob er Kaffee machen solle; das pflegte
bei ihm wenigstens eine halbe Stunde zu dauern.
»Ich habe wenig Zeit, Vater. Du weißt, weshalb ich da
bin. Hast du dir’s überlegt?«
»Was denn?«
»Na, gibst du uns das Geld?«
»Sehe ich so dumm aus?«
Schon beim letztenmal hatten sie sich halb im Bösen
getrennt. Hackers genügte der Trabant nicht mehr.
Mehrere Lehrer fuhren schon längst größere Wagen.
Bruno Scheibler ging zum Fenster, hörte kaum noch auf
das Gekeife seiner Tochter. Das hatte er nun davon!
Studieren mußte sie, Lehrerin werden, einen Lehrer
heiraten, Direktor gar – alles hat sie durchgesetzt. Aber
da lebte ihre Mutter noch, die hatte auch immer hoch
hinausgewollt. Er, Bruno, hat sich nie damit abgefunden,
daß Astrid den Hof verließ. Daß die Enkel ausbleiben,
faßt er noch weniger, denkt und spricht es auch aus:
Wenn schon die Gans einen Ochsen heiratet.
Astrid Hacker wartete. Sie hoffte, der Vater würde sich
noch beruhigen. Zu Lebzeiten von Mutter war alles
anders, dachte sie, da bekam ich sogar das Auto
geschenkt. Aber vor zwei Jahren, im strengen Winter, als
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wir Geld für ein größeres Auto brauchten, ließ er sich
schon nicht mehr erweichen. Hier in der ungeheizten
Stube lief er hin und her und hat auf alles nur geantwortet,
daß er kein Goldesel sei.
»Bitte, Vater, du könntest mir die Zehntausend, die wir
unbedingt benötigen, doch auf mein Erbe anrechnen«,
schlug Astrid sanft vor.
Grantig erwiderte der Alte: »Vorläufig lebe ich noch.
Zehntausend – bei dir klingt das wie eine Kleinigkeit aus
der Westentasche. Habt endlich andere Sorgen! Einen
Kinderwagen bezahle ich auf der Stelle.«
Astrid stand auf, wägte ab, wußte nicht, ob sie nochmals
bitten oder ihrem Jähzorn freien Lauf lassen sollte. »Du
bleibst bei deiner Ablehnung?«
Nicken. »Von jetzt an beißt ihr auf Granit. Nicht nur
die Karrete draußen habe ich euch bezahlt – nein, da
waren hier mal fünfhundert, da tausend, einmal sogar
zweitausend Mark. Immer ›Darlehn‹. Die Quittungen
kann ich aufs Häuschen hängen. Schluß ist!«
Sie gestand sich endlich ein, daß hier nichts mehr zu
erreichen war.
»Du alter Knicker«, zischte sie in zurückgehaltener Wut.
»Weil ich das bin, hast du studieren können, du Gans
ohne Flügel. Halte deinen ungewaschenen Schnabel und
verschwinde!«
»Ich gehe schon, du filziger Dorftrottel und Geizkragen;
am liebsten würdest du deinen eignen Dreck fressen.« Ihre
Stimme gellte. »Denke an das, was ich weiß, wie deine
Schweine fett geworden sind, wovon die Kühe Milch
gegeben haben!«
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