Blaulicht 194 - Voss,
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Blaulicht
194
Stefan Voss
Routinesache
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1979
Lizenz-Nr.: 409-160/103/79 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Angelika van der Borght
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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Der erste Gedanke des Mannes war: Alles verloren! Der zweite:
Wenden und zurückfahren! Aber dann bekam sein nüchterner
Verstand wieder die Oberhand. Er fuhr auf den Polizeiposten
zu, verminderte die Geschwindigkeit und hielt an. Nur nicht die
Nerven verlieren, dachte der Mann. Seit er diesen Wagen unter
sich hatte, war kaum mehr als eine Stunde vergangen. Die Polizei
konnte nur etwas wissen, wenn es mit dem Teufel zuging. Früh
um halb fünf sind sonnabends erst wenig Leute auf, die etwas
bemerkt haben könnten. Und was die Papiere anbelangte – wer
hat nicht schon einmal seine Brieftasche zu Hause liegenlassen?
Der Mann, obwohl ihm gewiß nicht nach Scherzen zumute war,
nickte dem Polizisten lächelnd zu und fragte kollegial: »Was
darf’s denn sein, Herr Wachtmeister?«
Der Verkehrsposten ging nicht auf den Ton ein, sondern sagte
sachlich: »Ein Unfall. Bitte, biegen Sie links ab, und fahren Sie in
der Parallelstraße weiter bis zum nächsten Posten.«
»Okay!« sagte der Mann erleichtert und lächelte dem Polizisten
zu. »Okay!«
Er warf einen flüchtigen Blick in die Straße, die er eigentlich
hatte fahren wollen, und sah ein paar schrecklich zugerichtete
Autos und einen Rettungswagen mit Blaulicht. Trotz der
verhältnismäßig frühen Morgenstunde hatte sich eine Menge
Neugieriger angesammelt.
Der Mann fuhr, wie ihm gewiesen, und schaltete das Radio
des Wagens ein.
Das Telefon riß Unterleutnant Walter Rüdiger aus einem
erschöpfenden Fieberschlaf. Während er zum Hörer griff, sah er
auf die Uhr. Nicht mehr als eine Stunde war vergangen, seit er
die letzte Tablette genommen hatte. Aber die Grippe war wohl
nicht mehr aufzuhalten. Kalter Schweiß stand ihm auf dem
Gesicht, als er die Meldung vernahm. »Wieviel?« fragte er
verstört. »Sieben Fahrzeuge? Und niemand hat etwas bemerkt?«
Die ruhige und klare Stimme des Abschnittsbevollmächtigten
zog ihn mehr und mehr in die Wirklichkeit.
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»Vor etwa zehn Minuten hat Polizeihelfer Weinhold
angerufen. Sein Nachbar, der mit dem Zug aus Berlin
gekommen ist, hat ihn alarmiert, als er die eingeschlagenen
Scheiben von zwei Fahrzeugen gesehen hatte. Genosse
Weinhold hat dann noch fünf weitere aufgebrochene Wagen
entdeckt.«
»Und wo soll das sein? Im Neubaugebiet am Heiderand? Ist
dort nicht so eine Kneipe mit Diskothek oder wie dieses
Gedudel sich nennt?«
»Ja, die ›Heidewirtschaft‹. Die hat zwar gestern abend eine
Tanzveranstaltung gehabt, aber schon um dreiundzwanzig Uhr
Schluß gemacht. Und um ein Uhr heute nacht waren die Wagen
noch heil.«
Unterleutnant der K, Walter Rüdiger, überlegte einen
Augenblick, dann ließ er mit matter Stimme vernehmen:
»Trommel die Besitzer der Autos zusammen, aber sag ihnen, sie
sollen ihre Kisten nicht anfassen. Ich komme hin und bringe
einen Techniker mit.«
Leise stöhnend erhob sich Walter Rüdiger. Wieder sah er auf
die Uhr. Anderthalb Stunden später hätte der Tagesdienst den
Fall auf den Tisch bekommen. Der Teufel hole alle D-Züge, die
in dieser sonnabendlichen Morgenstunde aus Berlin kommen!
Aber selbst zu einem kräftigen Fluch fehlte Rüdiger in diesem
Augenblick die Kraft. Die Beine waren weich wie Weidenruten,
und jede Bewegung rief neue Schweißströme hervor. Einen
Augenblick dachte er daran, seine Ablösung anzurufen und sie
zu bitten, den Fall zu übernehmen. Im Grunde war das ja reine
Routinesache. Sicher hatten sich da wieder ein paar Halbstarke
Mut angetrunken und an den Autos ihre überschüssigen Kräfte
versucht. Aber dann riß sich Unterleutnant Rüdiger zusammen,
knöpfte den Hemdkragen zu, zog die Krawatte hoch und nahm
den Sakko über den Arm. Schon halb zur Tür hinaus, kehrte er
noch einmal um und rief den Techniker an. Erschöpft und
durchgeschwitzt sank er schließlich in den Fahrersitz des
Moskwitschs und startete.
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