Blaulicht 204 - Siebe,

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Blaulicht
204
Hans Siebe
Grüße aus Prag
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1980
Lizenz-Nr.: 409-160/115/80 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Angelika von Borght
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 453 6
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Der Kleinbus mit den singenden jungen Leuten gehörte der
Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft »Frohe
Zukunft«. Als das mit der Katze passierte, war man schon
hundertdreißig Kilometer von Dankow entfernt und von der
Penkuner Autobahn auf den südlichen Berliner Ring abgebogen.
Die schwarze Katze sprang auf die Fahrbahn, von links nach
rechts, und das bedeutet im Volksmund »was Schlecht’s«. Der
Beton war trocken, sonst wäre das Katzenleben keinen
Pfifferling mehr wert gewesen, so aber bremste Kurt, die Reifen
kreischten, und das Tier entkam.
Der Zwischenfall lieferte Gesprächsstoff, war aber bald
vergessen. Erst später, als ein beklemmendes Gefühl, ein
Unbehagen, die Gruppe befiel, erinnerte man sich wieder. Noch
aber sangen zwei Mädchen und drei Burschen das Lied vom
»Herrn Pastor sin Kau, jau, jau«. Nur der Fahrer blieb stumm,
um den Wohlklang nicht zu stören.
Die dreitägige Fahrt ins Erzgebirge wurde von den
Jugendlichen, die sich Junge Neuerer nennen durften, mit
Begeisterung begrüßt. Sie hätten diese Auszeichnung verdient,
meinte Karl Weber, der LPG-Vorsitzende, und beauftragte Kurt
kurzerhand mit der Leitung der Gruppe. Daß der lieber einen
Sack voll Flöhe hüten würde, stand ihm im Gesicht geschrieben.
Doch war er mit fünfundzwanzig schon Brigadier und also eine
Respektsperson.
Kurt beobachtete die Mitfahrer im Spiegel. Auf der mittleren
Bank saßen Atze und Bärbel, eng aneinandergeschmiegt. Sie
gingen zusammen, das wußte in Dankow jeder. Und man sang
nun die siebente Strophe von »Herrn Pastor sin Kau«.
Da traf ihn Heikes Blick, sie blitzte ihn übermütig an, doch er
tat so, als bemerke er es nicht.
Heike besaß dunkles braunes Haar und hellblaue Augen. Dem
Reiz dieses Kontrastes vermochte man sich schwerlich zu
entziehen. Sie war gerade achtzehn, besaß üppige Brüste und
trug ihre Bluse meist einen Knopf zu weit offen.
Sie saß zwischen Norbert Tümmel, dem Schlosser, und
Werner Banse, dem Rinderzüchter; zwei Burschen, wie sie nicht
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gegensätzlicher sein konnten. Norbert wirkte linkisch und
grobschlächtig. Trotz seiner zweiundzwanzig Jahre habe er noch
nicht mit einem Mädchen geschlafen, hieß es. Werner, gerade
neunzehn, sah gut aus, ein sportlicher Typ. Er genoß seinen Ruf
als Casanova von Dankow, der ihn verpflichtete, auch jetzt mit
seiner Nachbarin zu flirten. Eines Tages geriet Heike an den
Falschen – oder den Richtigen, das blieb Ansichtssache – und
war seitdem in festen Händen. Rolf Wernicke reparierte im Dorf
den Transformator und schien mit tausend Volt aufgeladen zu
sein, denn Heikes Sicherungen brannten durch. Zur Zeit diente
Rolf als Mot.-Schütze in der NVA.
Um das Mädchen wurde es stiller, seit es verlobt war.
Kunststück, dachte Kurt, Rolf war als Judoka Kreismeister, ein
Meter achtzig groß und wog fünfundsiebzig Kilo. Von
Schwarzberg, ihrem Fahrtziel, lag Rolfs Standort, in dem er
Dienst tat, nur knappe vierzig Kilometer entfernt, bestimmt
hatten die beiden sich miteinander verabredet.
Bedeutete Heikes Flirt mit Werner Banse ein letztes Halali? Sie
duldete es jedenfalls, daß dieser seinen Arm um ihre Hüfte legte.
Im gleichen Moment registrierte Kurt, daß Norbert Tümmel
sich zu Werner beugte und etwas zu ihm sagte, das man für eine
Zurechtweisung halten konnte.
Norbert war in Anklam zu Hause, Heikes Verlobter ebenfalls,
beiden waren schon in der Schule Freunde gewesen und hatten
gemeinsam im Fließ Hechte gespießt. Daher kam auch niemand
auf die Idee, daß Norbert bei Heike eigennützige Ziele verfolgen
könnte. Der unbeholfene, grobschlächtige Tümmel mit der
großporigen Gesichtshaut paßte zu Heike wie ein Ackergaul
neben ein rassiges Reitpferd, sie gaben wahrhaftig kein Gespann
ab.
Der Vergleich mit dem rassigen Reitpferd löste bei Kurt
Heiterkeit aus, er bemühte sich, ein Grinsen zu unterdrücken.
Endlich nahm die Autobahn ein Ende. Der Barkas bog in eine
kurvenreiche Chaussee ein, die durch hüglige Wälder führte. Im
Wagen war es still geworden, nach der stundenlangen Fahrt
verspürte niemand mehr Lust zu singen, auch Heike hielt die
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