Blaulicht 214 - Weber,
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Blaulicht
214
Karl Heinz Weber
Morddrohung
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1981
Lizenz-Nr.: 409-160/107/81 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Kerstin Arnold
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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Die Frau mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein. Sie trug
eine braune, enge Kordhose, rotbraune Schnürstiefel und eine
dreiviertellange Lederjacke über dem Pullover. Ihre Augen waren
von einer großen Hornbrille mit dunklen Gläsern bedeckt. In
der Hand hielt sie eine Umhängetasche.
Auf Kriminalkommissar Hauffer machte sie einen leicht
ungepflegten Eindruck. Das lag nicht etwa an ihrer zerzausten
Frisur oder dem nur flüchtig aufgelegten Make-up. Für Oskar
Hauffer, Vertreter der sogenannten alten Schule noch und in
allen Lebensbereichen streng konservativ eingestellt, gehörten zu
einer Frau auch feminine Kleidungsstücke: Rock und Bluse,
Kleid oder Kostüm; und wer dagegen verstieß, den stufte er
entweder in die Kategorie unbemittelter Gammlertyp ein oder
eben als leicht ungepflegt wie im Fall der vor ihm sitzenden
jungen Frau.
Denn ein Gammlertyp war Rita Lundolf nicht, das sah er
sofort, und erst recht nicht unbemittelt. Sie wohnte
Seydlitzstraße 9, allein, wie sie versicherte, und das sagte genug:
die vornehmste und teuerste Gegend der Stadt, ein Komplex
von Villen und Luxusappartements, herrlich im Grünen gelegen;
für einen Kriminalkommissar nicht erschwinglich.
Und darin witterte er auch die Hintergründe ihrer Geschichte.
Die anonymen Anrufe jeden Abend, die Morddrohungen – das
Wort gebrauchte nicht sie, sondern Hauffer in Gedanken –,
galten einer Frau, hinter der Geld stand, viel Geld vermutlich;
ein millionenschwerer Papa vielleicht oder ein nicht minder
reicher Galan.
Aber mit dieser Annahme hielt Hauffer vorläufig zurück.
»Sie wollen also Anzeige gegen Unbekannt erstatten, Fräulein
Lundolf?«
»Wenn Sie es so nennen.«
»Seit fünf Tagen, sagten Sie, klingelt Abend für Abend bei
Ihnen das Telefon, und ein Mann droht Ihnen… wie genau?«
»Er droht mir das Ende an.«
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»Nur das? Oh, Pardon, ich meine, das ist doch kein Satz: ›Ich
drohe Ihnen das Ende an.‹ Er muß doch irgend etwas erklären.«
»Was denn?«
Sie saß ihm gegenüber, auf dem Besucherstuhl seines Büros,
artig saß sie da, würde er sagen. Sie sprach leise, schüchtern, die
Stimme klang angenehm im Ohr.
Hauffer zählte auf: »Den Grund der Drohung zum Beispiel,
Bedingungen zum Beispiel. Hat der Mann irgendwelche
Forderungen gestellt: Wenn Sie das oder das nicht tun, bringe
ich sie um?«
Rita Lundolf schüttelte den Kopf. »Er hat ja nie direkt gesagt,
daß er mich umbringen würde. Mein Leben sei bald zu Ende. Sei
bald verwirkt.«
»Verwirkt?« Wer sagt das schon. Draus könnte man
Rückschlüsse ziehen. Auf den Bildungsgrad des Anrufers, auf
sein Alter.
»Ja, verwirkt. Und immer redet er mich mit Du an.«
»Gebraucht er irgendwelche Anzüglichkeiten? Wird er
ausfallend, ordinär?«
Auch so etwas war von Bedeutung. Die Frau war hübsch, sie
war auch das, was man heutzutage sexy nannte, mit einem
Touch ins Lockere: schlank und drahtig, dabei aber
wohlproportioniert, wie Hauffer zu erkennen meinte.
»Keine Anzüglichkeiten«, sagte sie. »Der Mann ist unheimlich
sachlich. Das ist es ja, was mich fertigmacht, Herr Kommissar.
Dieser sachliche, nüchterne Ton. ›Dein Leben ist bald verwirkt.‹
Ich bin gesund, ich denke nicht ans Sterben. Und ich habe auch
niemand etwas getan. Was sollen da solche Worte?«
Rita Lundolfs Anzeige war zwar die erste an diesem 5. Mai 1976,
blieb aber nicht die einzige. Wenn man zu den schon laufenden
Ermittlungen die hinzugekommenen addierte, ergab sich bei
Dienstschluß die stattliche Anzahl von neun. Wie sollte Hauffer
da bei nur fünf Mitarbeitern – dazu sehr unterschiedlichen
Mitarbeitern, was Können und Erfahrung anbelangte – jedem
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