Blaulicht 238 - Kienast,

[ Pobierz całość w formacie PDF ]
-1-
Blaulicht
238
Wolfgang Kienast
Beihilfe
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
-2-
 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin Berlin 1984
Lizenz Nr 409 160/118/84 LSV 7004
Umschlagentwurf Brigitte Ullmann
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 615 2
00045
-3-
Es war ein stiller, sonniger Augusttag, der bereits eine Ahnung
von
Herbst
aufkommen
ließ
durch
aufgeplatzte
Kastanienfrüchte unter den Bäumen.
Ich hatte mich in Köpenick, wo es tatsächlich noch Kastanien
gab, im »Mecklenburger Garten« niedergelassen, und dieser
Einfall war nicht gut gewesen. Das Essen schmeckte nicht
besonders, und ich traf Ramona Krossen.
Ramona war Mitte Zwanzig und Bernd Krossens dritte Frau.
Bernd Krossen wiederum war ein schon etwas in die Jahre
gekommenes Wunderkind, das Romane produzierte, wie eine
Katze jungt. Er hatte einst für eine Sensation von zwanzig
Bogen gesorgt, und seitdem lieferte er stoisch jeden Mai weitere
zwanzig Bogen, und der Verlag gab sie regelmäßig heraus.
Romane, stets des gleichen Umfangs, der gleichen Ausstattung,
der gleichen Auflage und des gleichen Preises. Die Leute hatten
sich daran gewöhnt wie an ihre Tageszeitung. Das nächste
Dutzend mußte bald voll sein.
Was Krossen auszeichnete, war die Präzision seiner Arbeit.
Seine Manuskripte umfaßten jedesmal genau dreihundertachtzig
Seiten, und die schrieb er, so hieß es, in einem Vierteljahr,
zwischen Neujahr und Ostern etwa. Einen Monat brauchte er
für die Korrekturen, dann ließ er alles abschreiben und hatte für
den Rest des Jahres seine Ruhe. In dieser Zeit beantwortete er
keinen Brief, besuchte keine Versammlung, redete, falls er
überhaupt jemals darüber redete, kein Wort über Literatur. Er
reiste viel oder aalte sich auf seinem Luxusgrundstück in Neu
Venedig. Mitunter wechselte er seine Frau.
Ramona war wie gesagt die dritte. Eine wohlgeformte
Blondine mit blassem Teint und dunklen Augen, die lila
aufglommen, wenn Sonnenstrahlen in sie fielen. Ich hatte
Ramona nur ein einziges Mal gesehen und nicht wiedererkannt.
Sie hatte mich mit ihrer unmelodischen, gelangweilt klingenden
Stimme angesprochen. »Guten Tag, Herr Petz«, hatte sie gesagt.
– Herr Petz! Man sagt entweder Petz zu mir oder Herr Petzel.
Sie war eine attraktive Person. Ein weißgetupftes blaues
trägerloses Kleid schwang weich um ihre Hüften, und dazu trug
sie Riemchensandalen mit Korksohlen. Finger- und Zehennägel
-4-
waren sorgfältig gepflegt und grell lackiert. Ihr sparsam
geschminktes Gesicht wäre anziehend gewesen, hätte es nicht
einen so unsäglich gleichgültigen Ausdruck gehabt.
»Ich bin Ramona Krossen«, sagte sie, und ein bißchen
Verdrossenheit schwang mit. »Bernd Krossens Frau. Wir haben
uns mal bei einem von diesen Jours fixes im Verlag getroffen.«
Es fiel mit wieder ein. »Meine nächste Frau«, hatte Krossen sie
vorgestellt. Er neigte zu Zynismus, ganz Playboy á la Gunter
Sachs, der seinem Jet Set die jeweils neueste Gespielin
präsentiert. Ein Mensch mit…zig Büchern, die…zig Auflagen
hatten und…zigmal übersetzt worden waren.
»Wie geht es dir?« fragte ich so töricht, wie nur ich es konnte.
»Ja«, sagte sie, und das war deutliche Kritik. Es ging ihr, mehr,
wußte sie, wollte ich nicht wissen.
Wir spazierten die Bahnhofstraße hinauf, spielten
bummelndes Pärchen im milden Nachmittagssonnenschein, das
Schaufenster betrachtete und von fröhlicher Harmlosigkeit war.
Ich überlegte, wie ich sie mir mit einer Floskel vom Halse
schaffen konnte. Sie aber schien in ihrem Köpfchen ein noch
unklares Problem zu wälzen, das sie offenbar bei mir loswerden
wollte. Ich war ihr zufällig über den Weg gelaufen. Sie brauchte
irgendwen, und das war nun ich.
Es gab eine Menge Schaufenster in dieser Straße. Es gab die
breite Palette der Konsumläden mit dem gutgefächerten
Angebot von Mekorna und Fadennudeln, die Apotheke mit
einer Schautafel über Kräutertee und weisen Sprüchen des
Schutzheiligen aller Apotheker, Theodor Fontäne, Industrieläden
und Wäschegeschäfte. Wir schauten überall hinein, einfach so,
weil man was tun mußte.
Dann sagte sie: »Ich suche Bernd.« Dabei betrachtete sie
hübsche Miederwaren. Sie heftete ihren Blick auf eine zarte
Nachtkombination in Blau und fuhr fort: »Ist so eine
Angewohnheit von ihm, irgendwohin zu fahren, ohne Bescheid
zu sagen.«
»Und was beunruhigt dich diesmal daran?«
-5-
[ Pobierz całość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • wolaosowinska.xlx.pl
  •