Blaulicht 215 - Karcirkova,

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Blaulicht
Eva Kačirková
Semesterende
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin Berlin 1982
(deutschsprachige Ausgabe)
Lizenz Nr : 409 160/111/82 LSV 7234
Umschlagentwurf: Brigitte Ullmann
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 475 5
00045
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Der eckige, kahle Kopf glänzte, als wäre er frisch poliert.
Die Augen hinter dicken Gläsern verfolgten die Spitze
des Kugelschreibers, der in der riesigen Hand
verschwand. Diese Pranke hätte einem ehrbaren Arbeiter
eher angestanden als einem intriganten akademischen
Funktionär. Es war wirklich eine mächtige Hand, sie hielt
die Enden aller Fäden fest, an denen das öffentliche und
geheime Leben unserer Fakultät in der kleinen
Provinzstadt hing
Im Verlaufe der zwanzigminütigen Audienz bekam ich
eine Abreibung, wurde durchgewalkt, zum Schwitzen
gebracht und schließlich mit kaltem Wasser begossen,
besser, als es der tüchtigste Masseur könnte. Ich war
völlig benommen von der Erkenntnis, daß mein
Vergehen tatsächlich eine Größe erreicht hatte, die den
Zorn Jupiters auf mich lud. Der Herr Dekan hatte gerade
ein verabscheuungswürdiges Individuum namens Ambra
Vondráčková zerschmettert. Was war nur seinerzeit in
meine Mutter gefahren, sonst eine durch und durch
praktische Frau, die nicht den geringsten Verdacht
heimlicher romantischer Neigungen aufkommen ließ?
Eine vorübergehende Geistestrübung infolge
zweifelhafter Lektüre. Und ich habe die Folgen mein
Leben lang zu tragen. Kann ein Mädchen mit einem
solchen Namen eine tugendhafte Studentin und - Gott
bewahre - künftige Pädagogin sein?
Die goldene Spitze tupfte auf den Tisch, und die
rahmenlose Brille wandte sich einem Aktenstoß zu. „Sie
können gehen.“
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Ich senkte mein Haupt und schlich hinaus. Aber er
registrierte mich schon nicht mehr.
Leise schloß ich die Tür, und erhobenen Hauptes blickte
ich in das Mäusegesicht der Sekretärin Roubičková. Sie
saß an der Schreibmaschine und fletschte ihren
vorstehenden Oberkiefer. Bei jeder anderen hätte ich das
für ein mitleidiges Lächeln gehalten. Aber hinter ihr stand
als böser Geist die kleine, vorn und hinten platte Gestalt
der Prorektorin PhDr. Schwabová. Sie betrachtete mich
mit stillem Vergnügen, und nur die roten Flecke auf dem
Gesicht verrieten ihre schwarzen Gedanken. Doch gegen
diese beiden Damen war ich immun.
Ich durchquerte das gefährliche Kreuzfeuer zweier
Augenpaare und griff nach der Klinke wie jemand, der
einem mit Ätzgas verseuchten Raum verläßt. Auf der
Schwelle bannte mich eine giftige Stimme fest.
„Sie können gleich Ihr Studienbuch hierlassen.“
Ich drehte mich langsam um. „Bedaure, das kann ich
nicht. Ich brauche es noch. Morgen habe ich Prüfung.“
Die Krähenstimme von Frau Schwabová war nicht
schwer nachzuahmen.
Der Gang war leer. Ich lief die ausgetretene Treppe
hinunter, und auf jeder Stufe löste ich eine von den
Fesseln, die mir der Dekan angelegt hatte, um mein
ungebärdiges Wesen zu zügeln. Draußen roch es nach
glühender Straße und nach Heu von dem kärglichem
Rasen vor dem Botanischen Institut. Ich bückte mich,
nahm die Sandalen in die Hand und hüpfte von einer
Betonplatte zur anderen, durch die gewölbten Durchfahrt
bis zur grünen Oase des Rektorengartens, der sich am
Flußufer entlangzog.
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