Blaulicht 218 - Möckel,

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Blaulicht
218
Klaus Möckel
Das Mädchen
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1982
Lizenz-Nr.: 409-160/114/82 · LSV 7004
Umschlagentwurf: Wolfgang Spuler
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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1.
Diebe bedienen sich der Nacht – die Nacht rächt sich, indem sie
jede unbedachte Bewegung laut widerhallen läßt.
An einem Donnerstag im August, kurz nach 23 Uhr, vernahm
die Kürschnerswitwe Hildegard Sund in der Wohnung über sich
ein Poltern, das dort nicht hingehörte. Nicht an diesem Abend,
denn die Mieter, ein älteres Ehepaar, waren zu ihren Kindern
gefahren und wollten erst am Wochenende zurück sein. Sie
besaßen zwar einen Hund, einen spitzohrigen Scotchterrier,
doch den hatten sie mitgenommen.
Frau Sund war eine zierliche, etwas ängstliche Person,
einundsechzig Jahre alt und seit dem Tod ihres Mannes viel mit
sich allein. Ihre beiden Töchter, seit langem mit eigener Familie,
wohnten in anderen Städten. Den besten Kontakt im Haus, in
das sie vor zweieinhalb Jahren gezogen war, um sich zu
verkleinern, hatte sie zu den Zinnhahns, eben jenen Leuten über
ihr. Die luden sie manchmal zum Plausch ein und ließen ihr den
Wohnungsschlüssel da, wenn sie wegfuhren.
So auch an jenem Donnerstag, der Frau Sund in ungewohnt
aufgekratzter Stimmung sah, hatte sie doch eine gute Nachricht
erhalten. Marko, ihr Lieblingsenkel, war an der Technischen
Universität immatrikuliert worden. Wenn das ihr Mann Albert
hätte erleben können! In Anbetracht des frohen Ereignisses
hatte sich die Kürschnerswitwe am Abend eine Flasche Eierlikör
mit Orange spendiert, ein Getränk, dem ihre Zuneigung schon
seit geraumer Zeit gehörte. Bis 11 Uhr hatte sie dem sanftsüßen
Gaumenkitzler mit ständig steigender Sympathie zugesprochen.
Das Poltern oben – als sei ein Aschenbecher, ein Buch zur
Erde gesaust – nahm Frau Sund mit der Empfindung zur
Kenntnis, es gehöre sich nicht. Sie lauschte, so aufmerksam es
ihr der beschwingte Zustand erlaubte, in dem sie sich befand,
verwarf aber den Gedanken an Diebe, als sie keine weiteren
Geräusche vernahm. Vielleicht war ein Bild von der Wand
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gefallen: Die Wände im Haus waren mürbe, und wenn draußen
die großen Lastwagen vorbeifuhren, klirrten die Scheiben. Frau
Sund griff zum Gläschen. Eines alten Bildes wegen würde sie
ihren gemütlichen Platz vorm Fernseher nicht aufgeben. Es
reichte, wenn sie morgen nach dem Rechten sah. Aber als sie die
Zungenspitze genießerisch in die gelbe Flüssigkeit tauchte,
bohrte sich ihr plötzlich spitz ein Verdacht ins Hirn. Und wenn
es nun die Hydropflanze gewesen war, die in der dickbauchigen
Vase auf dem Kleiderschrank stand? Ihre langen, ineinander
verflochtenen Ranken konnten Übergewicht bekommen und das
Gefäß zum Kippen gebracht haben. Schon längst war das zu
befürchten gewesen. Die Hydropflanze – ihr Wasser würde den
Teppich verderben. Vielleicht gab es sogar einen Fleck an der
Decke; die Kürschnerswitwe schaute mißtrauisch nach oben.
Es half nichts, sie mußte sich von ihrer Flasche losreißen. Mit
einem kleinen Seufzer stand sie auf und ging zur Schublade, wo
sie neben ihren Schlüsseln auch die der Nachbarn aufbewahrte.
Als sie die Treppe hochstieg, tanzte ihr der Alkohol im Blut. Im
Haus herrschte Stille, mehrere Mieter waren in Urlaub, die
anderen wohl schon zu Bett.
Frau Sund schloß die Tür zur Zinnhahnschen Wohnung auf,
alles schien in Ordnung. Sie gab sich keine besondere Mühe,
leise zu sein, sie war es einfach auf Grund ihrer Unauffälligkeit.
Sie machte Licht im Korridor und war mit ein paar Schritten am
Wohnzimmer. Von dort aus gelangte man in den Schlafraum,
wo der Kleiderschrank stand.
Doch die Kürschnerswitwe kam nicht dazu, nach der
vermeintlich zerbrochenen Vase zu sehen. Kaum hatte sie den
Fuß in die Wohnstube gesetzt und nach dem Lichtschalter
getastet, da löste sich links neben ihr eine Gestalt vom
Schreibtisch, rannte quer durchs Zimmer zur
gegenüberliegenden Tür hinaus. Also doch Spitzbuben, schoß es
Frau Sund durch den Kopf. »Diebe«, schrie sie, »Hilfe!« Und tat
einen Satz nach vorn. Sie sah die zweite Gestalt, die sich neben
den Ofen geduckt hatte und in diesem Augenblick emporschoß,
zu spät. Durch den Zusammenprall wurde sie zur Seite
geschleudert und schlug hart mit dem Kopf gegen die Kante
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