Blaulicht 228 - Guter,
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Blaulicht
228
Wolf Guter
Bewährungsproben
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1. Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin • 1983
Lizenz-Nr: 409-160/156/83 LSV 7004
Umschlagentwurf: Schulz/Labowski
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 569 4
DDR 0,25 M
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„Warum, Genosse Leutnant, flieht ein Bürger, der einen
Verkehrsunfall verursacht hat?“
„Weil er sich der Verantwortung für die Folgen seiner
Straftat entziehen will.“
Major Herzmann nahm seine Brille ab – ohnehin nur
eine Lesebrille – und sah den frisch von der Schule
importierten Leutnant an. Er sah ihn einfach an. Weder
mißbilligend noch lobend, weder rügend noch anregend.
Eingeweihte kannten den Blick, Neulinge wurden unsicher.
„Der Verursacher will sich also der Verantwortung
entziehen? Und warum?“
„Weil er Angst hat!“ kam die prompte Antwort.
„Und woher wissen Sie das?“
Der Leutnant guckte erschreckt, dann fing er an zu
stottern, und der Major zog langsam und tief Luft durch die
Nase. „Wovor denn soll er Angst haben?“
„Vor der Strafe! Vielleicht vor der Strafe, vielleicht auch
schämt er sich. Vor den Kollegen zum Beispiel,
vielleicht…“
„Vielleicht?“
„Gestatten Sie, Genosse Major, daß ich die Antwort
schuldig bleibe. Es kommt auf den Fall an.“
„Sie verweigern also die Aussage!“ Major Herzmann
lehnte sich behaglich in seinem Stuhl zurück. „Ich will
nichts gegen unsere Schulen gesagt haben, aber so ein
Lehrer erwartet die richtige Antwort, denken die Schüler.
Haben wir alle einmal durchgemacht. In der Praxis, da weiß
man es, oder man weiß es nicht.“
„Jawohl, Genosse Major.“
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Der Major kramte in einem Stoß Akten und zog eine
davon hervor. „Da haben Sie eine Flucht nach dem
Verkehrsunfall. Finden Sie den Verursacher.“
Leutnant Jung nahm die lächerlich dünne Akte entgegen.
„Danke, Genosse Major, für das Vertrauen“, und er ließ
keine Unruhe erkennen. Legte den Pappdeckel auf die Knie
und wartete.
„Ich sehe“, freundliche Ironie war unverkennbar, „man
hat Sie vor mir gewarnt. Ein Leutnant, der zum ersten Mal
vor seinem Major sitzt, ist im allgemeinen unsicher. Sie
nicht, na schön, wenn Sie es wissen, können wir uns kurz
fassen. Ich will Sie kennenlernen und bin für den Sprung
ins Wasser. Sie übernehmen den Fall in eigner
Verantwortung, klären im Alleingang auf. Das ist nicht
üblich, aber es offenbart Ihre Stärken und Schwächen.
Nebenan steht ein Schreibtisch für Sie, wenn Sie Sorgen
haben, kommen Sie zu mir. Auf jeden Fall jeden Morgen
ein Bericht. Fangen Sie mit dem Ermittlungsplan an.“
Was sich großspurig ein Fall nannte, bestand aus ein paar
Blättern Papier, aus denen so gut wie nichts hervorging. Da
war das Protokoll des Verunglückten: „Am 21. Juni fuhr ich
mit meinem Motorrad gegen 23 Uhr durch die
Sommerstraße in Richtung Kreuten. Kurz vor der
Strombrücke blickte ich in den Rückspiegel und bemerkte
die Lichter eines Wagens, der mich überholen wollte. Ich
fuhr daraufhin scharf rechts, um ihm den Überholvorgang
zu erleichtern. Kurz darauf erhielt ich einen Stoß. Als ich
wieder zu mir kam, lag ich im Straßengraben. Mein
Motorrad ebenfalls, etwa zehn Meter entfernt. Mehr kann
ich beim besten Willen nicht aussagen.“
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