Blaulicht 233 - Hahnfeld,

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Blaulicht
233
Ingrid Hahnfeld
Blaue Katzen
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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 1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin Berlin 1984
Lizenz Nr 409 160/113/84 LSV 7004
Umschlagentwurf Michael de Maiziére
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 609 9
00025
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Wenn ich heute an dem Haus vorübergehe, in dem ich
nicht länger als zwei Jahre gewohnt habe, kommen mir
die Ereignisse der letzten Zeit unwirklich vor. Die
leeren Fenster der verlassenen Wohnungen starren
blicklos vor sich hin… einige Scheiben sind
zerbrochen, wildernde Tauben aus der Umgebung
haben sich nun auch hier eingenistet. Und regelmäßig
erschrecke ich vor den Gardinen, die Maggagonny
nicht abgenommen hat. Sie erwecken den Eindruck, als
sei diese Wohnung Hals über Kopf verlassen worden,
in unbedachter Flucht. Oder als geschähe noch immer
irgendein Unrecht hinter diesen Wänden, das vor dem
Licht der Welt verborgen bleiben muß. Dann schaue
ich weg, beschleunige meine Schritte, wage nicht, zu
den Fenstern des gegenüberliegenden Hauses
aufzublicken, in das Maggagonny eingezogen ist. Diese
Furcht ist lächerlich. Was sollte ich zu sehen
bekommen? Ich selbst habe mich doch um die
Strafanzeige bemüht… Ich werfe einen flüchtigen Blick
auf den Bagger, der bereit steht, unser ehemaliges
Wohnhaus abzureißen, Platz zu schaffen für einen
Neubau. Und ich erinnere mich der schrecklichen
Wochen, die jenes Baggerungetüm uns bereitete,
während das Nebenhaus abgerissen wurde. Wir waren
noch nicht ausgezogen, unser Haus vibrierte,
schwankte von den Baggerstößen nebenan, dichte
Staubwolken aus den einstürzenden Mauermassen vom
Nachbarhaus standen tags als kalkige Nebelwand vor
den Fenstern… Ich beeile mich, wegzukommen von
diesem
Ort,
nach
Haus
in
meine
helle
Neubauwohnung…
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Meine erste Begegnung mit Maggagonny hatte ich vor
Jahren in einer Drogerie. Vor mir im Laden stand eine
nicht mehr junge Frau, Anfang Vierzig vielleicht. Sie
war auffallend, aber nicht modisch gekleidet. Aus dem
rötlichen Dauerwellengewuschel blinkten große
Talmiohrclips. Während sie wartete, an die Reihe zu
kommen und bedient zu werden, drehte sie hin und
wieder den Kopf und musterte die Leute hinter sich.
Mir schien, sie wolle bemerkt werden. In ihren
graublauen Augen lag eine stumme, hilflose
Aufforderung. Ihr Gesicht war ungekonnt geschminkt:
die Lippen in grellem Rot übermalt, hellblaue
Lidschatten und dick nachgezogen die Augenbrauen.
Aus ihrer gesamten Erscheinung sprach die Naivität
eines Kindes, das Dame von Welt spielt.
Als die Verkäuferin sich ihr zuwandte, brachte die
bemalte Frau ihr Anliegen stammelnd hervor. Es war
keine Sprechbehinderung, die ihr zu schaffen machte,
sondern mangelndes Ausdrucksvermögen.
“Haben Sie hier – na, hier…”
Schließlich schnappte sie das Wort, das ihr wieder
eingefallen war.
“Maggagonny”, sagte sie laut und deutlich. Die
Verkäuferin verstand nicht. Erst als die Kundin sich am
Haar zupfte und ihr bedeutete, daß sie nach einer
Haartönung verlange, begriff sie: Mahagoni.
Als ich später in das Haus zog, das nun zum Abriß
geräumt steht, traf ich jene Frau, die für mich immer
den Namen Maggagonny behalten wird, wieder. Sie
lebte in der Wohnung über der meinen in einem
unüberschaubaren
Menschengewimmel.
Dieser
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