Blaulicht 260 - Weinhold,
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Blaulicht
260
Siegfried Weinhold
Eine Leiche zuviel
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1987
Lizenz Nr.: 409 160/206/87 LSV 7004
Umschlagentwurf Carola Ludwig
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
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Sie war von Natur aus zurückhaltend und lebte für sich, da sie
von zwei, drei Jugendlieben enttäuscht worden war. Auch
klangen ihr noch die Worte der Mutter im Ohr: Mein Kind, läßt
du dich mit Männern ein, kannst du dich bald begraben lassen! –
was aber wohl nur bildlich gemeint sein konnte als Fazit einer
zwanzigjährigen Ehe voller Zank und Streit bis zum endlichen
Bruch.
Im übrigen galt sie als ruhig und in Maßen höflich und versah
ihre Arbeit zur Zufriedenheit des Reisebüros; die Leiterin der
Zweigstelle konnte nichts Nachteiliges über die Kollegin
Schmalfuß sagen, die, sooft sie ihren Namen aussprechen hörte,
insgeheim darunter litt. Abhilfe hätte eine Heirat gebracht, doch
das hieße, sich festzulegen und dann gar enttäuscht zu werden,
wie sie es am Beispiel ihrer Eltern vor Augen hatte. Auch wußte
sie um ihr schwaches Herz; allein deshalb war Zurückhaltung
geboten. Und so blieb ihr stiller Seufzer um eine
Namensänderung. Sie hätte auch mit einem Allerweltsnamen
vorlieb genommen: Meier, Schmidt oder Buschmann. Nein,
Buschmann doch nicht, das erinnerte sie an Afrika, und übrigens
hieß die Frau mit den schwarzen Kraushaaren so, die
allmonatlich die Lebensversicherung kassieren kam und
fortwährend auf Abschluß einer Haushaltversicherung drängte,
die Einwände ignorierend, der Haushalt stecke noch in den
Anfängen und spreche einer Versicherung hohn, wobei die
Agentin, angespornt von der zu erwartenden Provision,
Gegenteiliges vorbrachte und sie mit Fällen schrecklichen
Ausgangs nachgiebig zu machen suchte.
Doch vorsichtig sein mit der Unterschrift, wenn Zahlungen
damit verbunden waren, gehörte zu den Grundsätzen des
Fräulein Schmalfuß, das, gelinde formuliert, etwas sparsam
veranlagt war. Längst schien ihr die Lebensversicherung vertanes
Geld, und sie war jedesmal beim Erscheinen der Kassiererin den
Eltern gram, die diese Versicherung für sie, als sie noch Kind
war, auf lange Zeit abgeschlossen hatten, denn mit der
Selbständigkeit wurde ihr auch die Zahlungspflicht übertragen,
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und diese Ausgabe hielt sie schlichtweg für überflüssig und
lästig, zumal sie beim Ableben weder Nutznießer der
Versicherungssumme war, noch jemanden kannte, den sie mit
einem derart hohen Betrag belohnt haben mochte; außerdem
wähnte sie das Ende noch in weiter Ferne, nicht ahnend: daß ihr
Tod soeben durch die Schwingtür den Kundenraum betrat.
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Er war hochgewachsen und schlank, mit breiten Schultern,
schmalem Kopf und blondem Haar, ging elegant, aber
unauffällig gekleidet; sein Schritt war ein wenig schlendernd, als
könnte er sich Zeit lassen – und das konnte er auch. Wenn er
etwas zur Genüge hatte, dann das, woran es anderen trotz
Rennens und Hastens mangelte. Er pflegte gern zu wiederholen,
Zeit sei Geld, vergaß aber zu erwähnen, daß er von dem einen
viel und dem anderen wenig hatte.
Er suchte das Reisebüro nicht in eigener Sache auf, das Geld
hatte er nicht – noch nicht! –, um sich Reisewünsche zu erfüllen,
obgleich er einen Scheck über knapp dreitausend Mark bei sich
trug, der mit Nicoles Unterschrift auch ihr Konto belastete. Ein
schöner, guter Scheck, den man hätte liebgewinnen können,
wenn er nicht mit dem häßlichen Zusatz versehen worden wäre.
Nur zur Verrechnung. Er kannte keine andere Frau, die all ihr
Vertrauen für sich selber behielt. Und als sie den
einschränkenden Vermerk auf den Scheck schrieb, fügte sie zu
ihm gewandt nicht ohne Spott hinzu: Und führe dich nicht in
Versuchung! – da sie ihn zu durchschauen pflegte. Manchmal
war ihm, als entgegne sie auf seine Gedanken, die er nicht
aussprach. Doch war er Nicole verfallen; denn solange er bei ihr
war, wähnte er sich geborgen und versorgt, da mochte er gern
nach ihrer Pfeife tanzen, sie wußte zuweilen auch liebreizende
Liedchen darauf zu blasen.
Natürlich merkte er, denn für dumm hielt er sich keineswegs,
daß er für Nicole Laufbursche, Haushaltshilfe und Liebediener
in einem war. Sie sparte durch ihn Zeit und manche Ausgaben,
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