Blaulicht 263 - Siebe,
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Blaulicht
263
Hans Siebe
Die Falle
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1988
Lizenz Nr.: 409 160/201/88 LSV 7004
Umschlagentwurf Günter Lerch
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 800 0
00045
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Der Kriminalfilm im Fernsehen und der Dauerregen lassen die
Kargener Straßen am Freitag um zweiundzwanzig Uhr wie
leergefegt erscheinen; selbst das zweistöckige Volkspolizei-
Kreisamt liegt im Dunkeln. Nur in der Einlaßkontrolle brennt
Licht, und im ersten Stock unterbrechen zwei helle
Fenstervierecke die dunkle Fassade.
In einem der Zimmer schreibt Oberleutnant Margit Pohland
einen Bericht für den Staatsanwalt; hinter dem zweiten erhellten
Fenster versieht Leutnant Wolfgang Engel den
Kriminaldauerdienst. Gegen die aufkommende Müdigkeit
ankämpfend, blättert er in dem Tagebuch, das richtiger
Nachtbuch heißen sollte, und studiert die Vorkommnisse der
vorigen Nächte. Die Funkstreife hatte einen Kioskeinbrecher
gestellt, der Diebstahl eines Mopeds wurde angezeigt, und ein
vermißter Schüler war aufgegriffen worden.
Engel weiß nicht recht, soll er sich ein spektakuläres Ereignis
wünschen oder am Morgen lieber nur eintragen, daß nichts
Erwähnenswertes passiert sei?
Er kippelt mit dem Stuhl und beobachtet Pagel. Der wühlt an
einem Tisch in einem Berg beschriebener Formulare, locht sie
und heftet sie in Ordner ab. Das Klacken ist das einzige
Geräusch im Zimmer.
»Wie alt sind Sie eigentlich, Genosse Pagel?«
»Doppelt so alt wie Sie«, antwortet der Obermeister.
»Also fünfzig«, murmelt Engel. Die grauen Haare machen
Pagel älter.
Es dürfte kein Zufall sein, überlegt Engel, daß mein erster
Nachtdienst im VPKA Kargen mit dem des alten Hasen Pagel
zusammenfällt; ebenso, daß Oberleutnant Margit Pohland ihren
Bericht nicht zu Hause, sondern im Dienstzimmer schreibt.
Die Wechselsprechanlage schnarrt und unterbricht seine
Gedanken. Aus der Membrane quakt die Stimme des
Obermeisters in der Einlaßkontrolle.
»Ein Bürger Töpfer will zur Kripo. Er ist überfallen und
beraubt worden!«
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»Soll raufkommen«, antwortet Engel.
»Was sage ich immer? Wenn das Telefon freitags bis
zweiundzwanzig Uhr schweigt, gibt es später einen dicken
Hund«, läßt sich Pagels Stimme vernehmen.
Ein Wachtmeister führt den Bürger herein, salutiert und geht
wieder. Der Mann ist um die Dreißig, das Haar klebt ihm
klatschnaß am Kopf; sein Anorak ist durchnäßt, die Hose zum
Auswringen. Er scheint mit einem Rad gefahren zu sein,
vermutet Engel. Der Besucher ist außer Atem und blickt
unschlüssig von dem jungen Kriminalisten zu dem älteren.
Engel beendet seinen Zwiespalt. »Setzen Sie sich!« Er zeigt auf
den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Wer sind Sie? Und was ist
passiert?«
Das ist wahrhaftig nicht die klassische Fragefolge, denkt
Engel: Wann? Wer? Wo? Was? Wie? Womit? Wen? Warum?
Was veranlaßt? Er drückt die Taste des Tonbandgerätes.
»Ich heiße Töpfer, Wilfried Töpfer. Ich bin der Leiter der
HO-Lebensmittel-Kaufhalle in Boltingen«, sprudelt er heraus.
»Ich bin beraubt worden! Das Geld für den Nachttresor! Über
zwölftausend Mark!«
»Wann und wo?«
»Vor ‘ner Dreiviertelstunde. Ich wollte mit meinem Trabant
von Boltingen nach Kargen. Auf der Straße lag ein Fahrrad, und
ein Mann saß am Boden; er lehnte an einem Baum, bei
strömendem Regen. Ich hielt an und lief hin. Ist was passiert?
habe ich gefragt.
Der Mann hielt die Augen geschlossen, er war ohne Besinnung.
Da ist plötzlich ein Motorradfahrer am Trabi, reißt die Tür auf
und ergreift meine Tasche auf dem Beifahrersitz. Sie –! Was
machen Sie da? Sind Sie verrückt? habe ich geschrien – oder so
ähnlich – und laufe hin…«
Töpfer zieht ein Taschentuch aus seinem Anorak und
trocknet sich die Stirn ab; es ist kein Regen mehr, sondern
Schweiß. »Da sah ich das Messer in seiner Hand – eine Art
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