Blaulicht 273 - Plath,
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Blaulicht
273
Hariette Plath
Fernlicht
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin Berlin 1989
Lizenz Nr 409 160/203/89 LSV 7004
Umschlagentwurf: Wolfgang Theiler
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 856 1
00045
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Sechzehn Uhr, Feierabend. Wenige Minuten nach dem
Sirenenton trat Annegret Weber ins Freie und schaute
mißtrauisch zum Betriebsausgang. Ihr Blick wanderte vom
Pförtnerhäuschen zur anderen Torseite. Es schien, als fürchte
sie, jemanden zu entdecken, dem sie lieber aus dem Weg gehen
wollte. Sie blickte sich nach Uschi Vollmer um, die nach ihr die
Werkhalle verlassen hatte. Als ihre Kollegin heran war, hängte
sie sich wie schutzsuchend bei ihr ein.
»Was denn, gibt er immer noch keine Ruhe«, erkundigte sich
Uschi Vollmer voller Anteilnahme. Annegret Weber nickte.
»Er kommt fast jeden Tag, mal hierher, mal zur Kinderkrippe,
oder er steht vor meinem Haus. Du müßtest mal erleben, wie
gemein er wird. Nicht nur mit Ausdrücken, o nein. Hier sieh
mal, meine Arme.«
Annegret Weber schob die Ärmel ihrer Bluse hoch und wies
auf dunkelblaue Druckstellen.
»So ein gemeiner Kerl«, rief Uschi Vollmer empört aus, »kann
man denn gar nichts dagegen machen?«
Annegret zuckte hilflos mit den Schultern.
»Hast du zu Hause schon ein neues Türschloß einbauen
lassen«, fragte Uschi Vollmer weiter. Wieder nickte Annegret.
»Gestern war der Schlosser da.«
Auf der Straße schaute sie sich noch einmal um. Jürgen
Machert war nirgends zu sehen. Sie atmete auf. Die beiden
Frauen liefen zur Haltestelle, um mit dem Bus nach Arnsberg zu
fahren, wo sie wohnten. Das hieß, von Oberlangen zwanzig
Minuten mit dem Bus unterwegs zu sein. Annegret wollte zur
Kinderkrippe, ihren Jungen abholen, dann einkaufen und später,
nach dem Abendbrot, den Kleinen zu Uschi bringen. Uschi
Vollmer spielte gern einmal Babysitter, wenn Not am Mann war.
Der Bus war vollgestopft mit Beschäftigten des Kraftwerkes,
und Annegret hatte Mühe, ihren günstigen Stehplatz in dem
Gedränge zu behaupten. Ihre Kollegin war von ihr weggedrückt
worden, und bald gerieten sie sich gänzlich aus den Augen.
Annegret Weber ließ ihren Gedanken freien Lauf. Wie so oft
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kreisten sie auch heute wieder um Jürgen Machert, den Vater
ihres Jungen. Wann würde er endlich Ruhe geben. Seit sie den
Trennungsstrich zwischen sich und ihm gezogen hatte, lauerte er
ihr auf, wo er nur konnte, und wollte sie mit Gewalt
zurückgewinnen. Am schlimmsten war es geworden, seit sie
Günter Falk kannte. Falk gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, das
sie brauchte, um Machert endlich zu widerstehen. Er war immer
der Stärkere gewesen. Sie hatte nachgegeben und seine Launen
und Beleidigungen, sogar seine Schläge hingenommen. Beteuerte
er dazwischen seine Zuneigung, hatte sie mit Geduld alle
Schmach ertragen, die er ihr zufügte. Nicht immer war es so
gewesen, zugegeben. Als sie ihn kennenlernte, war sie achtzehn,
er einundzwanzig Jahre alt. Es war ein Jahr nach dem Tod ihrer
Mutter, und der Schmerz über ihren Verlust saß noch tief. Sie
brauchte Trost und glaubte, ihn bei Jürgen Machert zu finden.
Machert versprach ihr, sie für immer glücklich zu machen. So oft
es ihre Zeit erlaubte, fanden sie in der Wohnung ihrer Mutter
voller Gefühle zueinander.
Seitdem war Zeit ins Land gegangen, und Micha feierte bald
seinen dritten Geburtstag. Dazwischen lag Jürgens Haft. Man
hatte ihn wegen Einbruchsdiebstählen eingebuchtet.
Einbruchsdiebstähle! Als ob er sie nötig gehabt hätte. Als das
Kind kam, war er Feuer und Flamme gewesen, doch später war
seine Begeisterung rasch verflogen. Immer stand ihm das Kind
im Weg, weil sie beide nicht mehr ausgehen oder allein sein
konnten, wann sie wollten.
Schließlich waren Macherts Launen und seine Eifersucht, die
ihn schon während der Haftzeit quälte, immer schlimmer
geworden. Häufig glaubte er, daß sie ihn hinterging, und er
wurde gewalttätig. Er scheute nicht davor zurück, sie zu
schlagen. Zum Schluß war es von ihrer Seite keine Liebe mehr
gewesen, nur noch eine gewohnte Beziehung. Was von ihren
Gefühlen geblieben war, zeigte sich zuletzt nur noch in Angst
und Verzweiflung. Machert wollte immer alles mit Gewalt
erreichen. Falk dagegen war behutsam, machte ihr Mut und riet
ihr, ein neues Leben zu beginnen. Schade, daß Machert nie so
gewesen
war.
Vielleicht
wäre
sie
dann
mit
ihm
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