Blaulicht 276 - Kienast,
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Blaulicht
276
Wolfgang Kienast
Tamerlan und die
Familienbande
Kriminalerzählung
Verlag Das Neue Berlin
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1 Auflage
© Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1989
Lizenz Nr.: 409 160/206/89 LSV 7004
Umschlagentwurf: Roland Beier
Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: Druckerei Neues Deutschland, Berlin
622 860 9
00025
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Im Frühlicht, wenn der Tag sich noch nicht entschieden hatte,
wie er sich entwickeln wollte, ging Klaus Bankel ungern zum
Dienst. Er hätte nicht sagen können, warum; es war einfach so.
Dabei betrug die Entfernung zwischen seiner Wohnung und der
Dienststelle kaum mehr als zweihundert Meter. Das fand er
natürlich angenehm, besonders nach Feierabend.
Punkt dreiviertel sechs begann die Einsatzbesprechung der
Streifenführer. Sie barg keine Sensationen, die Nacht zum
Herkulestag war ruhig verlaufen: kein Verbrechen, zwei
Schlägereien, vier »Beobachtungen aufmerksamer Bürger«, zwei
hilflose Personen. sechsmal ruhestörender Lärm und einige
andere Kleinigkeiten. Genau dreißigmal war die Polizei alarmiert
worden – das war nicht besonders oft, zumal wenn man die
Scherzbolde in Rechnung stellte, die es für einen tollen Jux
hielten, 110 anzurufen, um einen Toni auf Touren zu bringen –
wegen nichts.
Man schrieb eine der Zeiten, die sie Zwischensaison zu
nennen pflegten. Ein paar Sommermonate hindurch schwappte
die Stadt über von Touristen. Dann war am Tage das meiste los.
In der übrigen Zeit fiel nachts die Hauptarbeit an, wenn die
Kneipen schlossen und die Rabauken sich genug Mut
angetrunken hatten um endlich was zu unternehmen.
Dazwischen gab es Phasen, in denen anscheinend alle
verpusteten. Sogar die Zahl der Verkehrsunfälle sank dann.
»Ach ja, Klaus«, sagte der Einsatzleiter, »der Genosse
Engelmann hat sich krank gemeldet.«
»Was du nicht sagst.« Engelmann sah, wenn er nicht krank
geschrieben war, aus wie das blühende Leben; doch er verblühte
zu oft.
»Ich habe dir einen jungen Genossen zugeteilt«, fuhr der
Einsatzleiter zögernd fort.
Dieses Zögern kannte Bankel. Schlimmstenfalls bedeutete es
einen Praktikanten von der Fachschule. Aber auch sonst waren
Alfred Kosters Einfalle nicht von Pappe.
»Nun ja, also er war vorige Woche noch bei der Feuerwehr.«
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»Mein Feuerlöscher im Wagen ist in Ordnung.«
»Er hat eine gute Beurteilung mitbekommen.«
Bankel überlegte flüchtig, was Feuerwehrmänner und
Polizisten gemein hatten, außer daß sie Angehörige der DVP
waren. Es war nicht allzuviel.
»Er heißt Bodo Persike«, sagte der Einsatzleiter.
Bodo Persike stand bereits am Toni 1643. Er war unendlich lang
und breit und kräftig, aber alles an ihm schien nicht richtig
koordiniert. Doch was sollte es, auch Bankel war kein Mister
Universum. Jedenfalls würde Persike den Toni fahren können,
wenn man ihm auch wahrscheinlich die Tour bis ins letzte
ansagen mußte.
»Wachtmeister Persike«, meldete der Junge militärisch exakt
und legte sogar die Hand an die Mütze.
Bankel lächelte. Er lächelte ungern in Gesellschaft, weil ihm
bewußt war, daß er eventuell Schrecken damit verbreitete. Er
schielte auf dem linken Auge, und das ließ ihn, sobald er lächelte,
furchterregend aussehen.
Persike schien nicht empfindlich zu sein.
»Rühren«, sagte Bankel milde.
Im allgemeinen war Bankels Revier die Gegend zwischen Spree
und Reichsbahngelände, im Westen begrenzt vom
Hauptbahnhof und im Osten vom Rummelsburger See. Die
Gegend machte äußerlich einen etwas zurückgebliebenen
Eindruck, doch sie hatte es in sich. Freilich nicht am
Montagmorgen um sechs. Deshalb lotste Bankel seinen
chauffierenden Feuerwehrmann durch die Straßenschluchten
nördlich der Bahn. Sie waren hervorragend zum Üben geeignet,
vor allem durch das chaotische System von Einbahnstraßen,
Baustellen, Bauzäunen, Bauwagen und weggesackten
Straßenbahngleisen. Aber Persike hielt sich eisern. Man merkte
ihm noch nicht mal Langeweile an. Sie frühstückten an dem
Imbißstand auf dem Boxhagener Platz, erstanden frisch
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